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Wir leben bereits in einer Multi-Cloud getriebenen Welt

Nicht zuletzt das Disaster um Nirvanix hat gezeigt, dass man sich nicht auf einen einzelnen Cloud-Anbieter verlassen. Aber auch ungeachtet der Risikostreuung ist der Einsatz einer Multi-Cloud Strategie ein empfehlenswerter Ansatz, der bereits von vielen heute schon bewusst oder unbewusst praktiziert wird.

Hybrid oder Multi-Cloud?

Was bedeutet genau Multi-Cloud? Oder was ist der Unterschied zu einer Hybrid Cloud? Nun, eine Hybrid Cloud verbindet von ihrer Definition her eine eigene Private Cloud bzw. eine on-Premise IT-Infrastruktur mit einer Public Cloud, um die lokalen Infrastrukturen bei Bedarf mit weiteren Ressourcen zu versorgen. Bei diesen Ressourcen kann es sich um Rechenleistung, Speicherplatz aber auch Services in Form von Software handeln. Wird ein lokales E-Mail System mit einem SaaS CRM-System integriert, kann durchaus von einer Hybrid Cloud gesprochen werden. Eine Hybrid Cloud gilt also nicht nur für IaaS bzw. PaaS Szenarien.

Ein Multi-Cloud Konzept erweitert den Hybrid Cloud Gedanken um die Anzahl der zu verbindenden Clouds. Genauer gesagt kann es sich dabei um n-Clouds handeln die in irgendeiner Form miteinander integriert sind. Dabei werden bspw. Cloud-Infrastrukturen so miteinander verbunden, dass die Applikationen verschiedene Infrastrukturen oder Services parallel oder je nach Auslastung oder aktuellen Preisen nutzen. Auch das parallele oder verteilte Speichern von Daten über mehrere Clouds ist vorstellbar, um die Verfügbarkeit und Redundanz der Daten sicherzustellen. Aktuell wird sehr intensiv über Multi-Cloud im IaaS-Umfeld diskutiert. Siehe dazu auch Ben Kepes‘ und Paul Miller’s Mapping Session zum Thema Multi-Cloud sowie Paul’s Sector RoadMap: Multicloud management in 2013.

Was oft vergessen wird ist, dass Multi-Cloud insbesondere im SaaS-Umfeld seine Bedeutung hat. Die Anzahl neuer SaaS-Applikationen wächst täglich und damit auch der Bedarf, diese unterschiedlichen Lösungen miteinander zu integrieren und Daten austauschen zu lassen. Aktuell bewegt sich der Cloud-Markt unkontrolliert auf viele kleine Insellösungen zu, die jede für sich zwar einen Mehrwert bieten, in der Summe jedoch zu vielen kleinen Dateninseln führen. Mit solchen Entwicklungen haben in Unternehmen schon in vor Cloud Zeiten zu kämpfen gehabt und das vergebens.

Risiken streuen

Auch wenn das Cloud-Marketing ständig die Verfügbarkeit und Sicherheit der Daten, Systeme und Applikationen verspricht, liegt die Verantwortung dies sicherzustellen in den eigenen Händen (Das bezieht sich auf eine IaaS Public Cloud). Zwar stellen die Cloud-Anbieter hierfür weitestgehend alle Mittel und Wege zur Verfügung, im IaaS-Bereich muss sich der Kunde aber selbst darum kümmern. Ausfälle wie die der Amazon Web Services oder unvorhergesehene Schließungen wie die von Nirvanix sollten zu mehr Sensibilität bei der Nutzung von Cloud-Services führen. Die Risiken müssen bewusst gestreut werden. Dabei sollten sich nicht alle Eier in einem Nest befinden, sondern strategisch über mehrere verteilt werden.

Best-of-Breed

Die Best-of-Breed Strategie ist der meist verbreitetste Ansatz in IT-Unternehmensarchitekturen. Dabei werden mehrere Branchenlösungen für verschiedene Teilbereiche innerhalb des Unternehmens eingesetzt und miteinander integriert. Die Idee hinter Best-of-Breed besteht darin, die jeweils beste Lösung zu nutzen, die eine All-in-one Lösung in der Regel nicht bieten kann. Man stellt sich also die für seinen Zweck besten Services und Applikationen zusammen.

Verfolgt man diesen Ansatz in der Cloud, befindet man sich direkt in einem Multi-Cloud Szenario, was bedeutet, dass schätzungsweise 90% aller Unternehmen die Cloud-Services nutzen, Multi-Cloud Nutzer sind. Ob die eingesetzten Cloud-Services auch miteinander integriert sind bleibt zu bezweifeln. Was auf der einen Seite empfehlenswert ist, lässt sich auf der anderen Seite in vielen Fällen auch nicht vermeiden. Zwar existieren bereits ein paar gute All-in-one Lösungen am Markt. Dennoch sind die meisten Perlen eigenständig implementiert und müssen mit anderen Lösungen kombiniert werden, z.B. E-Mail und Office/ Collaboration mit CRM und ERP. Das hat von der Risikobetrachtung, insbesondere in der Cloud, seinen Vorteil. Fällt ein Anbieter aus, ist auch nur ein Teil-Service nicht erreichbar und nicht direkt die gesamte Produktivitäts-Umgebung.

Insellösungen vermeiden: Schnittstellen und Integration

Solche Best-of-Breed Ansätze versuchen Cloud-Marktplätze zu schaffen, indem sie einzelne Cloud-Lösungen in unterschiedlichen Kategorien zusammenfassen und Unternehmen damit ein umfangreiches Portfolio verschiedener Lösungen bieten, mit der sich eine Cloud-Produktivitäts-Suite zusammenstellen lässt. Dennoch zeigen, obwohl sehr stark kontrollierte und vermeintlich integrierte Marktplätze an einer entscheidenden Stelle massive Probleme mit der Integration. Es existieren viele einzelne SaaS-Applikationen die nicht zusammenspielen. Das bedeutet, dass keine gemeinsame Datenbasis existiert und das z.B. der E-Mail Service nicht auf die Daten im CRM-Service zugreifen kann und umgekehrt. Damit entstehen wieder, wie bereits oben beschrieben, einzelne Datensilos und Insellösungen innerhalb des Marktplatzes.

Dieses Beispiel zeigt auch die größte Problematik mit einem Multi-Cloud Ansatz. Die Integration der vielen verschiedenen und normalerweise voneinander unabhängig agierenden Cloud-Services und deren Schnittstellen zueinander.

Multi-Cloud ist „The New Normal“ in der Cloud

Das Thema Multi-Cloud wird derzeit insbesondere im IaaS-Umfeld stark diskutiert, um das Risiko zu streuen und die Kosten und Leistungen unterschiedlicher Cloud-Infrastrukturen optimal ausnutzen zu können. Aber ebenfalls im SaaS-Umfeld muss das Thema unbedingt eine höhere Bedeutung zugesprochen werden, um Daten- und Insellösungen in Zukunft zu vermeiden, die Integration zu vereinfachen und Unternehmen bei ihrer Adaption ihrer Best-of-Breed Strategie zu unterstützen.

Ungeachtet diesen Erwartungen ist der Multi-Cloud Einsatz bereits Realität, indem Unternehmen mehrere Cloud Lösungen von vielen unterschiedlichen Anbietern einsetzen, auch wenn diese noch nicht (vollständig) miteinander integriert sind.

Von Rene Buest

Rene Buest is Gartner Analyst covering Infrastructure Services & Digital Operations. Prior to that he was Director of Technology Research at Arago, Senior Analyst and Cloud Practice Lead at Crisp Research, Principal Analyst at New Age Disruption and member of the worldwide Gigaom Research Analyst Network. Rene is considered as top cloud computing analyst in Germany and one of the worldwide top analysts in this area. In addition, he is one of the world’s top cloud computing influencers and belongs to the top 100 cloud computing experts on Twitter and Google+. Since the mid-90s he is focused on the strategic use of information technology in businesses and the IT impact on our society as well as disruptive technologies.

Rene Buest is the author of numerous professional technology articles. He regularly writes for well-known IT publications like Computerwoche, CIO Magazin, LANline as well as Silicon.de and is cited in German and international media – including New York Times, Forbes Magazin, Handelsblatt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Wirtschaftswoche, Computerwoche, CIO, Manager Magazin and Harvard Business Manager. Furthermore Rene Buest is speaker and participant of experts rounds. He is founder of CloudUser.de and writes about cloud computing, IT infrastructure, technologies, management and strategies. He holds a diploma in computer engineering from the Hochschule Bremen (Dipl.-Informatiker (FH)) as well as a M.Sc. in IT-Management and Information Systems from the FHDW Paderborn.

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