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Deutsche ISVs wollen kein Public PaaS

Wir schreiben mittlerweile das Jahr acht in Sachen Cloud Computing. Aus kleinen, anfangs belächelten Start Ups wie zum Beispiel Salesforce sind mittlerweile Milliardenkonzerne geworden, mit Marktkapitalisierungen, die zum Teil höher liegen als die von globalen Industriekonzernen. Große, etablierte Softwarehersteller wie SAP kämpfen seit Jahren mit der eigenen Transformation und haben es nur mit enormem Aufwand geschafft Teile ihres Geschäftes zukunftsfähig zu machen.

Das Gros der deutschen Softwarehäuser hat es bisher versäumt die eigene Strategie auf das kommende Cloud-Zeitalter anzupassen. Die Gründe hierfür sind vielfältig und zum Teil auch nachvollziehbar. So ist es für ein mittelständisches Softwarehaus ein enorm hoher Investitionsaufwand und damit verbundenes Risiko, bestehende Software neu zu entwickeln und den Marktgegebenheiten anzupassen. Dennoch erscheint es unter den gegebenen Marktumständen unerlässlich sich den Realitäten anzupassen.

Aus diesem Grund ist es erforderlich, sich mit den eigenen Anforderungen an einen Platform-as-a-Service (PaaS) auseinanderzusetzen und diese zu definieren.

Platform-as-a-Service im Praxiseinsatz

Deutsche Softwarehäuser haben ganz bestimmte Anforderungen, wenn es um den Einsatz von PaaS im Rahmen ihrer Entwicklungs-, Test- und Betriebsprozesse geht. Besonders relevant sind für die Independent Service Provider (ISVs) die Konditionen des Betriebs bzw. das Betriebskonzept, sprich ob die PaaS-Dienste nach dem Public-, Private- oder im Rahmen eines Hosting-Modells betrieben werden. Und hier hat sich in den vergangenen 12 Monaten viel getan.

So waren bis Mitte 2013 keine der führenden PaaS Angebote als Technologie-Stack für den Eigen- oder Hosting-Betrieb verfügbar. Bis dato war Public Cloud das einzig verfügbare Betriebsmodell. Mit dem Release der CloudFoundry-Technologie unter Open Source- Lizenz machte VMware (heute bei Pivotal) den Anfang. Mittlerweile können auch die PaaS-Technologien von Microsoft (Microsoft Azure Pack), Red Hat (OpenShift), VMware (vFabric) als Software-Paket bezogen und individuell betrieben werden. Dies bietet Unternehmen, Softwareentwicklern und Hosting-Partner vollkommen neue Möglichkeiten PaaS-Dienste kundenindividuell anzubieten und hinsichtlich bestimmter Anwendungsszenarien zu optimieren.

Welche der Technologien sich mittel- und langfristig durchsetzen wird, ist derzeit noch schwer prognostizierbar, da die meisten ISVs, Hosting Provider und Unternehmensanwender sich noch nicht final festgelegt haben. Während IBM im Rahmen seiner BlueMix-PaaS- Plattform auf CloudFoundry setzt, bieten eine Reihe an Hosting Providern ihren Kunden die Auswahl zwischen mehreren Plattformen.

Derzeit existiert im deutschsprachigen Markt allerdings erst eine Handvoll Hosting Provider, die PaaS in einem Hosting Modell anbieten. Dies hat verschiedene Gründe. So schätzen einige Akteure wohl die Marktchancen nicht als aussichtsreich ein. Anderen fehlen schlicht die Ressourcen und Skills, um die technologisch anspruchsvollen und komplexen Plattformen aufzusetzen und zu betreiben. Auch müssen Hosting Provider mehr Verständnis und Know-How in Bezug auf die Prozesse und speziellen Anforderungen der ISVs, Startups, Freelance und Unternehmensentwickler aufbauen. Denn deren Bedürfnisse unterscheiden sich deutlich von den Anforderungen an ein klassisches Hosting oder Infrastruktur- Outsourcing. Die Anzahl erfahrener Architekten, Entwickler und Projektmanager zum Thema PaaS ist in Deutschland noch sehr übersichtlich.

Bevorzugte Betriebskonzepte und Modelle

Die Aussagen der im Rahmen einer Studie von Crisp Research befragten Softwarehäuser zeichnen ein recht eindeutiges Bild. Gefragt nach dem favorisierten Betriebskonzept zur Nutzung von PaaS-Diensten im Rahmen der Entwicklungsprozesse, sprachen sich „nur“ 21 Prozent für das bisherige Public Cloud- Modell aus, während 12 Prozent sich für den internen Betrieb im Rahmen einer „Private PaaS-Plattform“ entscheiden würden. Die Mehrheit von deutlich über 60 Prozent würden PaaS-Dienste für Development & Test am ehesten im Rahmen eines Hosting-Modells beziehen.

Hinsichtlich des Applikations-Betriebs sind die befragten Softwarehäuser sogar noch etwas anspruchsvoller. Hier sind es sogar nur noch 11 Prozent der befragten Unternehmen, die den Betrieb auf einer Public Cloud Umgebung befürworten würden. Die Mehrheit (38 Prozent) sieht in einem Hosted PaaS das für sie bevorzugte Betriebsmodell, um Applikationen in der Cloud zu betreiben. Weitere 30 Prozent sehen in der dedizierten Variante („Hosted Private PaaS“) ihr favorisiertes Modell. Über ein Fünftel der befragten Softwareunternehmen würde ihre Applikationen nur auf einer Private PaaS-Umgebung betreiben.

Anforderungen an die PaaS-Provider

Betrachtet man die Aussagen zu den zentralen Anforderungen an die Anbieter von PaaS-Diensten, so wird evident, warum die bisherigen Public Cloud-Modelle für viele professionelle Softwareentwickler nicht in Frage kamen. So stehen für rund 80 Prozent der befragten deutschen Softwarehäuser die Themen hohe Sicherheitsstandards, ISO-Zertifizierung und ein deutscher Rechenzentrumsstandort ganz oben auf der Agenda. Nach einem flexiblen Bezahlmodell (60 Prozent). Interessanterweise ist die individuelle Anpassung der PaaS-Plattform für die deutschen ISVs genauso wichtig, wie die Skalierungsfähigkeit der Plattform – ein Argument, dass in vielen Debatten der letzten Jahre immer an erster Stelle angeführt wurde. Anscheinend ist hier die Erkenntnis eingetreten, dass die Skalierungsfähigkeit der Technologie- Plattform nur so weit von Nöten ist, wie sich das Wachstum auf Kunden- beziehungsweise Anwenderseite entwickelt.

Auch erscheint verwunderlich, dass sich „nur“ 20 Prozent der ISVs einen lokalen Support und technische Unterstützung „vor Ort“ wünschen. Nur jeder zehnte ISV gab im Rahmen der Befragung an, keine Unterstützung bei der Ausgestaltung der Lizenzmodelle und SLA zu benötigen. Was vielleicht auch daran liegt, dass bislang erst wenige ISVs intensive Erfahrung mit dem Thema gesammelt haben – und daher noch etwas zu optimistisch in die Zukunft schauen.

Betrieb von Software auf PaaS-Plattformen – Make or Buy

Sofern deutsche Softwarehäuser auch den Betrieb ihrer neuen Software-Lösungen auf einer Cloud- beziehungsweise PaaS- Plattform planen, sind nicht nur die reinen Infrastruktur- Leistungen vom Provider gefragt (Server, Storage und Virtualisierung). Vielmehr wünschen sich mittlerweile rund die Hälfte der ISVs und Startups auch Managed Services im Bereich des Datenbank-, OS- und Netzwerkmanagements.

Immerhin kann sich ein Drittel der befragten Softwarehäuser vorstellen, auch externe Unterstützung des Providers im Hinblick auf den Applikationsbetrieb und das Applikationsmanagement in Anspruch zu nehmen – zwei Kerndisziplinen für Softwarehäuser.
Keine Angst vor Google und Co.

Ist es das berühmte Pfeifen im Walde, oder nur eine nüchterne, pragmatische Betrachtung der Lage? Die deutsche Software- Industrie geht jedenfalls optimistisch in die Zukunft und fürchtet sich nur in geringem Maße vor den globalen Großmächten wie Google. Lediglich knapp sechs Prozent der im Rahmen dieser Studie befragten Softwareanbieter glauben, dass Software in Zukunft standardisiert und von der Stange kommt. Wenn dem so wäre, würden in der Zukunft nur noch wenige große Konzerne den Markt unter sich aufteilen.

Studienergebnisse zum kostenlosen Download

Im Rahmen seiner empirischen Studie „Platform-as-a-Service:
Zukunft der deutschen Software-Industrie?“ hat Crisp Research im Auftrag von Pironet NDH deutsche Softwarehersteller nach der Einschätzung und Bedeutung von Platform-as-a-Services für ihr zukünftiges Geschäft befragt.
Die Studie kann kostenlos unter „PaaS-Trendstudie: Cloud verursacht Erdbeben im Softwaremarkt“  heruntergeladen werden.