Um die Möglichkeiten des Cloud Computing im Unternehmenseinsatz darzustellen, wird am Beispiel eines fiktiven Unternehmens, der Spielwaren GmbH, die IT-Infrastruktur analysiert und ein Handlungskonzept für die Migration in die Cloud vorgestellt.
Ausgangssituation
Die Spielwaren GmbH ist ein weltweit agierendes Unternehmen mit vier Standorten in Deutschland, den USA, China und Indien. Das Unternehmen erzielt mit seinen knapp 3.500 Mitarbeitern weltweit einen Umsatz von ca. 1 Milliarde US Dollar pro Jahr. Die IT-Umgebung des Unternehmens wurde in den letzten Jahren weitestgehend nur dann aktualisiert, wenn die Notwendigkeit durch Ausfall eines Servers oder ähnliches bestand. Die Systemumgebung setzt sich wie folgt zusammen.
- Customer Relationship Management: Microsoft Dynamics CRM
- Enterprise Resource Planing: Microsoft Navision
- Verzeichnisdienst/ Domain Controller: Microsoft Active Directory Services
(ADS) - Kommunikationsserver/ E-Mail-Server: Microsoft Exchange 2000
- Applicationserver: Microsoft Windows 2000 Server
- Fileserver: Microsoft Windows 2000 Server (für Office Dokumente)
- Webserver: Microsoft Internet Information Server
- Betriebssysteme: Windows 2000 Professional
- Anwendungssoftware: Microsoft Office 2000
Die Kommunikation der Standorte findet über SDSL VPN-Verbindungen statt. Die beschriebene Systemumgebung gilt für jeden Standort. Eine Skizze der IT-Infrastruktur ist in der folgenden Graphik illustriert.
Analyse der IT-Umgebung
Eine Analyse der IT-Infrastruktur führte zu folgendem Ergebnis.
- Microsoft Dynamics CRM: ok
- Microsoft Navision: veraltet
- Microsoft Active Directory Services: ok
- Microsoft Exchange 2000: veraltet, die Maintenance durch Microsoft endet im Juli 2010, Lizenzen können nicht mehr nachbestellt werden.
- Microsoft Windows 2000 Server: veraltet, die Maintenance durch Microsoft endet im Juli 2010, Lizenzen können nicht mehr nachbestellt werden.
- Webserver: überdimensioniert, Erweiterungen ohne Konzept, Jahresdurchschnitt ca. 15% Belastung, Hauptzeiten: 80% Zuwachs
- Windows 2000 Professional: veraltet, die Maintenance durch Microsoft endet im Juli 2010, Lizenzen können nicht mehr nachbestellt werden.
- Microsoft Office 2000: veraltet, die Maintenance durch Microsoft endet im Juli 2010, Lizenzen können nicht mehr nachbestellt werden.
- Arbeitsplatzrechner: überwiegend veraltete Systeme, die in den nächsten ein bis zwei Jahren ausgetauscht werden müssen(!)
- VPN-Verbindungen: instabil(!), der Datenverkehr nimmt durch steigende Synchronisationen zu.
Generell gilt für die vorhandenen Rechenzentren: Die Hardware bei 80% der Server ist am Limit bzw. veraltet und muss dringend augetauscht werden.
Handlungskonzept
Auf Basis der Analyse und der Sondierung des Cloud Computing Marktes erhält die Spielwaren GmbH folgende Handlungsempfehlung.
- Microsoft Dynamics CRM: Ablösung durch Salesforce.com
- Microsoft Navision: Ablösung durch Salesforce.com
- Microsoft Active Directory Services: Migration zu Google Apps mittels Directory Sync, Integration von Salesforce.com in Google Apps Professional mittels Salesforce for Google Apps
- Microsoft Exchange 2000: Ablösung durch Google Apps Professional (Mail & Kalender)
- Microsoft Windows 2000 Server: können entfallen, da sämtliche Office Dokumente auf Google Apps abgelegt werden, ggf. können auf GoGrid Fileserver angemietet und über entsprechende APIs mit Salesforce und Google Apps verbunden werden.
- Webserver: Go Grid Server (Baukastensystem bestehend aus Load Balancer, Datenbankserver, Webserver und Speicherplatz) auf Linux oder Windows Basis
- Windows 2000 Professional: Kann durch eine Linux Distribution z.B. Ubuntu Linux ausgetauscht werden
- Microsoft Office 2000: Ablösung durch Google Apps Professional (Text & Tabellen)
- Arbeitsplatzrechner: Schrittweise Ablösung der Fat-Clients durch Thin-Clients
- VPN-Verbindungen: Die SDSL Leitungen bleiben vorhanden, die Kommunikation erfolgt vollständig über die Cloud
Die beschriebene Handlungsempfehlung gilt für die gesamte IT-Umgebung der Spielwaren GmbH, wodurch alle Standort betroffen sind. Eine Skizze der möglichen IT-Infrastruktur nach Umsetzung der Handlungsempfehlung ist in der folgenden Graphik illustiert.
Vorteile
Die Migration würde der Spielwaren GmbH folgende Nutzen bringen.
- Reduzierung der Kosten
- Lizenzkosten für Software
- Hardwarekosten (Server, Desktop)
- Maintenance-Kosten
- Personalkosten
- Erhöhung der Datensicherheit
- Automatisierte Durchführung von Backups durch den Anbietern
- Optimierung der Zusammenarbeit
- Standortübergreifende Zusammenarbeit durch Web-Kollaboration
- Automatisierung der Softwarewartung
- die Anwendungssoftware ist immer auf dem aktuellen Stand
- Steigerung der Flexibilität
- Mitarbeiterverwaltung
- Hinzufügen neuer Anwendungen
- Mobilität
- Mitarbeiter können von überall arbeiten
- Zugriff auf alle Daten von überall
- Konzentration auf Kernkompetenzen
- Erhöhung der Investitionen in das Kerngeschäft
Nachteile
Neben den Nutzen birgt die Migration aber auch einige Gefahren, die aufgezeigt werden müssen.
- Politische Einflüsse
- Politische Spionage/ Einschränkungen über die Internetverbindungen (z.B. China)
- Single point of failure
- Ausfall eines Anbieters
- Datensicherheit(!)
- Alle unternehmenskritischen Informationen befinden sich auf fremden Servern
- Standorte der Server
- Ist in der Cloud nicht transparent
- Abhängigkeit
- Die Standards der Anbieter müssen eingehalten werden
-
Internetverbindung (kann durch Backupleitungen abgesichert werden)
Kostenbetrachtung
Um den finaziellen Vorteil mit Zahlen zu verdeutlichen, wird die vorgeschlagende Google Apps Professional dem vergleichbaren Microsoft Exchange Server gegenüber gestellt. Die Aufstellung der Kosten ist in der folgenden Graphik nachzuvollziehen.
Der Vergleich zeigt den deutlichen finanziellen Vorteil durch den Einsatz der Google Apps Professional Lösung. Über einen Zeitraum von drei Jahren liegen die Ersparnisse pro Benutzer bei ca. 62,00 EUR im Vergleich zur Microsoft Exchange Lösung. Das liegt zum einen an den geringeren Lizenzkosten der Google Lösung (Ersparnis: 98.000 EUR), zum anderen an den geringeren Wartungs- (Ersparnis: 53.000 EUR) und Administrationskosten (Erspanis: 68.000 EUR) sowie an den fehlenden Investitionskosten in eine eigene Infrastruktur für die Server (Ersparnis: 20.400 EUR). Werden die gesamten Wartungs-, Administrations und Infrastrukturkosten herausgerechnet (letzte Zeile), liegt der Kostenvorteil der Google Lösung über einen Zeitraum von drei Jahren nur noch bei ca. 8,00 EUR pro Mitarbeiter.
Dieser Vergleich zeigt, wie die Infrastruktur- und Wartungskosten durch den Einsatz von Cloud Computing signifikant gesenkt werden können.
Reflexion
Die Handlungsempfehlungen, die für dieses Beispiel gewählt wurden, sind bewusst ein wenig extrem aber verdeutlichen gleichzeitig, was bereits heute mit dem Cloud Computing für Möglichkeiten bestehen. Ein Unternehmen muss sich gut überlegen, ob es seine Infrastruktur bzw. die unternehmenskritischen Daten in der Form so auslagern möchte. Zu groß ist z.B. das Risiko der Datensicherheit. Werden auf der anderen Seite aber Kunden von Google (Motorola und Procter & Gamble) und Salesforce.com (Dell, Dow Jones und Morgen Stanley) herangezogen, sollte die Attraktivität dieses Outsourcingmodells nicht vernachlässigt werden. Zu so einer Entscheidung gehört auch immer eine subjektive Betrachtung, bei der die Kosten eine immer größer werdene Variable in der Gleichung werden. Aus diesem Grund müssen auch Kompromisse geschlossen werden, wenn Kosten gesenkt werden sollen. Ob die Datensicherheit dabei zweitrangig behandelt werden darf bleibt fraglich.
Eine Antwort auf „Fallbeispiel: Cloud Computing im Unternehmenseinsatz“
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